Als das
Flugzeug durch die Wolkendecke den Flughafen von Kittilä in Lappland anflog,
erschien unter mir eine weisse Landschaft. Die täglichen ca. minus 8°C sind
nicht vergleichbar mit den gleichen Temperaturen in Mitteleuropa. Es ist eher
eine trockene Kälte, die aber sehr gefährlich sein kann… Ich war schon vom
vorherigen Jahr dafür bekannt, dass ich auf den Trainingsrunden mit dem Quad
meine Handschuhe vergesse.. das passierte dann leider auch schon in der ersten
Woche zurück in Valimaa, der Farm mitten in der Wildnis. Die Trainingsrunde
dort ist 6km und dauert ca. 45 Minuten. Da leider noch zu wenig Schnee für die
Schlitten liegt, wird anstelle eines Hundeschlittens ein Quad angespannt. Diesen
fahren wir und halten daher permanent unser rechter Daumen am Gaspedal.
45 Minuten Quad + Handschuhe
vergessen = Doris‘ rechter Daumen irgendwie taub..
Das Training mit dem Quad und den Hunden macht extrem viel Spass! Ca. 10
Hunde werden an eine Leine vor den Quad gespannt und auf „Leeeeeet’s GO“ geht’s
halt los.. Bis die Pfützen und Bäche/Seen aber ganz zugefroren sind, ist die
Verletzungsgefahr für die Hundepfoten relativ gross, daher können wir nur so
mit ca. 6-8 km/h durch die Wälder tuckern. Unsere Aufgabe ist es, die Hunde zu
überwachen, dass alle mithalten können, die Geschwindigkeit konstant zu halten
und die Kombinationen der Hunde im Auge zu halten. Wie bei den Menschen mögen
halt auch nicht alle Hunde einander..
Da ich dank einem mühsamen Husten seit einer Woche kaum eine Nacht
geschlafen habe, sollte ich einen Tag zurück im Guidehouse bleiben. Um 7 war
ich genervt , dass ich nicht schlafen konnte, also stand ich auf und fing an zu
putzen. Wir haben hier eine kleine 3 Zimmer Wohnung und sind total 14 Guides…
da liegt alles überall. Dann der übliche Tagesablauf für einen faulen Tag:
Rentier Hamburger im Café Silja, Spaziergang zum Yipprä Skierri – Ausstellung
über Sami Kultur, auf dem Weg nach Hause Abstecher in den Supermarkt – Squeky
Cheese, Karelian Pie, Meat Donut (nicht für michJ) Handcreme und ein Messer steht auf
dem Einkaufszetteli.
Beim Anstehen an der Kasse fragte mich der ca. 60 jährige Sami-Rentier
Hirt „Tuuri“ aus Karesuando ob mein Mann und meine Kinder auch hier wären..
Seine Augen wurden grösser und er rückte mir näher als ich ihm sagte, dass ich
weder Kind noch Mann hätte.
Die Unterhaltung kann noch so „komisch“ sein, ich bin trotzdem jedes Mal
froh, wenn mich ein Einheimischer/Sami/Finn anspricht.
Als Guide bei Hetta Huskies sind wir quasi permanente Touristen im Ort.
Die Leute kennen uns zwar vom Sehen, wissen aber manchmal nicht so recht was
mit uns anfangen. Alles wäre einfacher, wenn man die Landessprache sprechen
würde. Ich habe nun schon glaub 3 Finnisch-Sprachkurse hier oben besucht, kann
auch immerhin schon bis 9 zählen….jap, DAS ist peinlich.
Aber nach einem 11 Stunden Arbeitstag noch einmal 2-3 Stunden in die
Finnisch-Sprachschule zu gehen ist recht intensiv.
Auf der Farm ist die grösste Challenge im Moment, zu wissen, welche
Arbeiten Priorität haben. Es hat z.B. schon Schnee, aber noch nicht genug um
anständig Schnee zu Räumen. Dazu kommt, dass ich verschiedene Variationen von
den Arbeitsabläufen kenne, da ich schon einige Male hier war.
Die meisten Leute denken nun, was z.B. am Hundefüttern nun so schwer
sein kann..
1. die Huskys hier sind aber eben von
Natur aus so, dass z.B. wenn sie zum Füttern nicht angekettet werden, dem
anderen Hund im Gehege das Essen wegnehmen würden. Dieser wiederum würde
natürlich um sein Essen kämpfen und schon hätten wir zwei verwundete Hunde. Ca.
80 Huskys leben im Moment in den Gehegen in je 2er Teams zusammen.
2. Der Boden ist vereist und
3. die Clips mit welchen die Tür
zugemacht wird sind ebenfalls eingefroren.
4. Die Kessel mit welchen wir das
Trockenfutter und die Fleischbälle zur Fütterung transportieren sind je ca.
8-10 kg schwer. Pro Person die Füttert schleppen wir 2-6 solcher Kessel mit uns
herum.
5. Dazu kommen die 10l Wasserbehälter,
ca. 6 pro Gebiet welches wir füttern.
„Nicht alles so einfach wie Tiere füttern?!“ … Pah… J
Warum also die Kälte, der chaotische Tagesablauf, die Schmerzen und all
die schweren Dinge auf sich nehmen?
Weil -
und das hatte ich in meinem gemütlichen und gewohnten Umfeld zu Hause
ganz vergessen -
man um ein grosses Stück
an Lebenserfahrung gewinnt, wenn man sich überwindet, eine Weile seine Komfortzone
zu verlassen. So lernt man nicht nur viel Neues dazu, man vergrössert seine
Komfortzone und ist offener für Neues.
Es sind nicht nur die praktischen Sachen (Handhabung mit Maschinen,
eigene Bauprojekte, Hundeschlittenfahren etc) die ich hier lerne. Es ist viel
mehr die Verantwortung über Projekte, Guides, Hunde und Gäste zu übernehmen und
deren Konsequenzen zu tragen. Den Überblick im Chaos zu haben und Ruhe zu
bewahren. Als eine der Jüngsten hier den anderen Guides ein Vorbild zu sein,
obwohl man zu mehr als 50% der Zeit selber keine Ahnung hat oder am liebsten
das Weite suchen würde.
Man wird gefordert und wächst über sich hinaus.
Ich vermisse meine „Komfort Zone“ zu Hause manchmal schon etwas, aber
auf der anderen Seite hätte ich wohl die unglaublichen Nordlichter vorgestern
nicht gesehen oder mein Leiblingshusky Comet beim Abendgeheul letztens
verpasst..
Hier oben mitten im Nichts hat man manchmal etwas das Gefühl, der Rest
der Welt hätte einen vergessen. Mit den Guides hier muss man sich schnell
anfreunden – wir sind 24/7 zusammen und müssen uns aufeinander verlassen
können. Daher weiss man halt eher, welcher Hund wem sein Liebling ist, als aus
welchem Land der entsprechende Guide eigentlich kommt..
Wir kochen alle für einander und wir teilen uns 1 Badezimmer, auf den
Sofas wäre eigentlich nur Platz für 8 Personen (wir sind aber eben meistens 11
Personen und ca. 5-6 Hunde Abends). In unserem abgef*** Berlingo Auto (wo
hinten die Scheibe durch einen Müllbeutel ersetzt ist und welcher eher als
Stunt-Auto gelten würde) transportieren wir einfach so viele Leute und Hunde
wie es geht. Letztens hatte ich „Bernie“ einen Husky auf dem Schoss, als ich als
Fahrer im Auto sass.. That’s just the way it is. Entweder man findet sich damit
zurecht oder kehrt nach Hause in die Komfortzone zurück. Ich bleibe aber noch
eine Weile hier.
Terveisiä Lapista
(Liebe Grüsse aus Lappland)
Jeden Abend teilen wir die Hunde ein, welche mit ins Guidehouse kommen, solche die im Farmhaus bleiben und die Hunde, welche draussen in unserer "Sick Dog area" übernachten.
Zur Zeit haben wir 20 "verletzte" Hunde..
Zur Zeit haben wir 20 "verletzte" Hunde..
Lorin aus dem australischen Outback bei unserem Café Silja - Karaokebar für einsame Rentierhirten
Lonan hat Eliel Duty... Eliel wächst im Paradies auf!
Während ich die Langlaufski's präpariere (auf dem Stubebode..) erklärt Evie Tom das Nähen mit der Maschine.... 2 Minuten nach dem Foto assen wir das Mittagessen da am Tisch :-)
Unsere Schränke sind voll gestopft mit Medikamenten für Hunde und Menschen
Erste kleine Verletzung vom Darwin Training. Das Eis war noch nicht ganz gefroren, "Merlot" hat sich daher das Nagelfleisch etwas angerissen..
Evie demonstriert mit unseren neuen Tools, wie man sich selbst aus dem See retten kann, falls man reinfällt.
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